• Der technologische Fortschritt kann für die Unterstützung von älteren Menschen bei einem längeren, selbstbestimmten Leben und bei der Aufrechterhaltung eines gesunden und aktiven Lebensstils zentral sein.
  • Senioren stehen elektronischen Geräten positiv gegenüber, wenn sie einfach zu bedienen sind und nützliche Aufgaben erledigen.
  • Soziale Netzwerke helfen älteren Menschen dabei, sich weniger einsam zu fühlen

Naturverbundene und bewegungsfreudige Senioren könnten schon bald in Begleitung einer persönlichen Drohne spazieren gehen. Das Gerät schwebt dann über dem Kopf, zeichnet die Bewegungen auf und ruft den Notfalldienst, sollten sie sich verirren oder unwohl fühlen.

Laut Peter Gleissner, Vizepräsident und Direktor der EU-Region bei Intel Corporation, kann diese Art der «mobilen Überwachung» positiv zur körperlichen und geistigen Gesundheit älterer Menschen beitragen. «Drohnen sind nur eine Technologie, die Senioren dabei helfen, ihre Unabhängigkeit zu bewahren», sagt er.

Andere Technologien, die Senioren bei ihrem Streben nach Selbstbestimmung unterstützen können, sind Roboter, tragbare Geräte, Datenanalysen, soziale Netzwerke, künstliche Intelligenz und virtuelle Realität.

Die Akzeptanz von Robotern ist sehr hoch, vorausgesetzt, die Menschen fühlen sich durch den Roboter im Alltag wirklich sicherer und eigenständiger.»

Der Roboter für Zuhause

Senioren stehen elektronischen Geräten vor allem dann positiv gegenüber, wenn sie einfach zu bedienen sind und nützliche Aufgaben erledigen. KOMPAÏ Robotics im französischen Bidart entwickelt Roboter, die Senioren zuhause und in der Pflege unterstützen. Gemäss Vincent Dupourqué, Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens, soll so der Verlust der Eigenständigkeit verzögert und kompensiert werden. Der Kompaï-1-Roboter, der Anfang 2016 getestet wurde, spricht mit seinen Nutzern und versteht deren Antworten. Er erinnert sie daran, ihre Medikamente oder Mahlzeiten einzunehmen, oder schlägt Übungen und kognitive Spiele vor. Ausserdem erkundigt sich der Roboter nach dem Befinden, verschickt bei Beschwerden E-Mails an den Arzt und richtet Video-Arztbesuche ein. «Die Akzeptanz ist sehr hoch, vorausgesetzt, die Menschen fühlen sich durch den Roboter im Alltag wirklich sicherer und eigenständiger»,  so Dupourqué.

Um jedoch kosteneffizient zu sein, müssen Roboter mehr können. Der Kompaï-2 leistet auch körperliche Unterstützung, indem er zum Beispiel Menschen in Pflegeheimen in den Speisesaal begleitet. Der Roboter führt den Senior beim Stehen oder Gehen mit einem Griff, an dem sich dieser festhalten kann.

Die Testphase für den Kompaï-2 beginnt 2017 an 20 Orten in Frankreich. Ziel ist es, die Technologie und das Geschäftsmodell zu verifizieren. Die Kompaï-2-Roboter werden auch im Bereich der Gesundheitsüberwachung am Wohnort getestet. So könnten ältere Menschen zum Beispiel früher als geplant von einem Spitalaufenthalt nach Hause zurückkehren. 

Multiple Realitäten

Die Technologie, so Kerry Rheinstein, Vizepräsidentin für globales Wachstum beim Konsumforschungsinstitut Foresight Factory, könne auch soziale Isolierung verhindern und dafür sorgen, dass ältere Menschen unabhängig bleiben. «Viele denken, Kanäle wie Facebook und Twitter seien nur für die Jungen, aber die Senioren haben in den letzten paar Jahren wesentlich zum Wachstum der sozialen Netzwerke beigetragen»,  sagt sie. Dank fortschrittlichen Video-Technologien in Form virtueller und erweiterter Realität können ältere Menschen zudem mit ihrer Familie und ihren Freunden im Kontakt bleiben. Rheinstein erklärt: «Alleinstehende oder Personen, deren Kinder nicht in der Nähe wohnen, können mit der Hilfe von Technologie zunehmend körperliche Defizite ausgleichen und Erlebnisse trotz grosser Distanzen miteinander teilen.»

Kerry Rheinstein
Viele denken, Kanäle wie Facebook und Twitter seien nur für die Jungen, aber die Senioren haben in den letzten paar Jahren wesentlich zum Wachstum der sozialen Netzwerke beigetragen.

Was Sensoren mit dem Altern zu tun haben

Frankreich will sich mit der eigenen Alterspolitik als Vorreiter positionieren und auf junge Menschen konzentrieren, so Jean-Marc Bourez, Managing Director des EIT Health France, Teil des European Institute of Innovation & Technology (EIT) in Paris.

Beim Projekt «Data in Real Life» geht es um die Softwareanalyse grosser Datenmengen von bis zu 55 Jahre alten Marathonläufern vor, während und nach Laufveranstaltungen. «Die Analyse zeigt den Menschen die effektivste Ernährungs- und Bewegungsstrategie auf, um so fit wie möglich zu werden und länger zu leben», sagt Bourez. «Primärprävention ist der Schlüssel.» Die Hoffnung ist, dass sich jüngere Menschen diese Informationen zu Herzen nehmen und ihr Verhalten entsprechend ändern.

Das EIT Health France fokussiert sich auch auf Menschen zwischen 60 bis 70 Jahren – die Altersspanne, in der Krebs, Diabetes und angeborene Herzkrankheiten am häufigsten auftreten. «Damit wollen wir eine Institutionalisierung verhindern und dafür sorgen, dass die Menschen zuhause bleiben können», so Bourez.

Um herauszufinden, wie Menschen mit Sehbehinderung geholfen werden kann, hat das EIT Health France ein «Lebenslabor» mit Attrappenhäusern und -läden entwickelt, die mit Sensoren ausgestattet sind. Dort leben die Menschen jeweils ein paar Tage. Forscher beobachten dann ihr Verhalten und bestimmen so die Auswirkung neuer Technologien auf ihr Leben.

Europäischen Ländern mit einer alternden Bevölkerung und steigenden Pflegekosten gibt die Technologie die Möglichkeit, die Lebensqualität zu verbessern und die Unabhängigkeit zu fördern.

«Wir wollen herauszufinden, wie diese neuen Technologien aufgenommen werden und ob die Menschen sie hilfreich finden», erklärt Bourez. Weitere wichtige Ziele sind ein optimales Geschäftsmodell zu erstellen und die Finanzierungsfrage zu klären. Europäischen Ländern mit einer alternden Bevölkerung und steigenden Pflegekosten gibt die Technologie die Möglichkeit, die Lebensqualität zu verbessern und die Unabhängigkeit zu fördern.

Laut Gleissner gibt es viele Technologien schon. «Die grössten Probleme sind das regulatorische Umfeld und die rechtlichen Fragen wie die Haftung.» Angesichts des eher schleppenden Tempos, mit dem regulatorische Änderungen umgesetzt werden, wird es wohl noch eine Weile dauern, bis Menschen unter den wachsamen Augen einer Drohne spazieren gehen können.

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