Ihre Generation hat den Ruf, unpolitisch zu sein und materialistisch zu denken. Völlig zu Unrecht, sagen diese drei Millennials aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz, die wir diese Woche befragen. Sie engagieren sich politisch und gesellschaftlich stark, sei es im Beruf oder in der Freizeit. Warum engagieren sie sich für die Gesellschaft? Was wollen sie erreichen? Wie mobilisieren sie ihre Generation? Heute mit Andri Silberschmidt aus der Schweiz.

1. Gab es einen bestimmten Anlass, der Sie dazu brachte, sich politisch zu engagieren?
Ich wurde mit 17 Jahren politisiert, als ich als Banklehrling eine Vorrede am Nationalfeiertag auf dem Zürcher Bürkliplatz halten durfte. Natürlich hoffe ich, mit meinem Engagement in der Politik Gleichaltrige zum Mitmachen anzuregen und im besten Fall bei einem Teil das liberale Feuer entfachten zu können.

2. Ihre Generation hat oft den Ruf, unpolitisch und konsumorientiert zu sein. Wie sehen Sie das für die Jugend in Ihrem Land?
Bereits Sokrates hat sich 400 Jahre v. Chr. über die junge Generation beschwert. Diese Vorurteile sind also nicht neu. Was sich dagegen eindeutig geändert hat, ist die Schnelllebigkeit. Selbst mit meinen 23 Jahren bin ich teils überrascht, was bei den Teenagern gerade «in» ist. Bei Themen, die meiner Generation am Herzen liegen, kann man gut mobilisieren – natürlich online, wobei ohne physische Präsenz der Erfolg meist kleiner ist.

3. Welches sind die drei grössten Probleme für die jüngeren Generationen in Ihrem Land?
Die meisten Probleme von uns sind wohl persönlicher Natur. Natürlich sieht man aber spätestens im Rahmen der Ausbildung auch die Herausforderungen, welche die Migrationsströme oder der Wandel in der Arbeit hin zur digitalen Welt mit sich bringen. «Mir macht jeder Tag Freude und ich sehe die Arbeit nicht als Muss, sondern primär als Freude und Erfüllung.»

Mir macht jeder Tag Freude und ich sehe die Arbeit nicht als Muss, sondern primär als Freude und Erfüllung.

4. Und welches die drei grössten Chancen?
Für uns sehe ich die grössten Chancen in der globalen Vernetzung, ob wirtschaftlich oder kulturell, in der Digitalisierung sowie in der Bildung. Die globale Vernetzung erlaubt es uns, im Ausland zu studieren oder zu arbeiten. Dank der Digitalisierung ergeben sich neue Arbeitsmodelle, und der erleichterte Zugang zu Bildung erlaubt es uns, weiterhin international spitze zu sein.

5. Sorgen Sie persönlich finanziell für das Alter vor?
Neben der ersten (AHV) und der zweiten (BVG) Säule, wo ich als Arbeitnehmer versichert bin, zahle ich seit letztem Jahr auf mein privates Vorsorgekonto ein.

6. Was glauben Sie: Bis zu welchem Alter wird Ihre Generation dereinst arbeiten müssen?
Ich gehe davon aus, dass wir in vierzig Jahren nicht von heute auf morgen in Pension gehen. Das Modell des linearen Aufstiegs wird wohl einem Glocken-Modell weichen, bei dem man mit der Zeit das Pensum abbaut und mit über 70 Jahren noch beschäftigt sein wird. Mir macht jeder Tag Freude und ich sehe die Arbeit nicht als Muss, sondern primär als Freude und Erfüllung.

7. Was wollen Sie in den nächsten ein, zwei Jahren konkret erreichen?
Wir bekämpfen die Altersreform 2020 im September, so dass die Schweizer Politik endlich die Herausforderungen der demografischen Entwicklung grundlegend anpacken kann, um die Last auf den Schultern von uns Jungen zu mindern.

Andri Silberschmidt

Andri_Silberschmidt

Präsident der Jungfreisinnigen Schweiz

Geboren 1994

Andri Silberschmidt (23) ist seit 2016 Präsident der Jungfreisinnigen Schweiz. Politisch fokussiert er sich unter anderem auf die Themen Altersvorsorge, Bildungspolitik und den Wirtschaftsstandort Schweiz. Bei der Abstimmungskampagne gegen die AHVplus-Initiative führte er erfolgreich ein nationales und überparteiliches Jugendkomitee an. Beruflich arbeitet er als Portfoliomanager bei einer Bank und studiert nebenberuflich Betriebsökonomie. Zudem betreibt er seit kurzem einen Pop-Store mit Sushi-Burritos. Er lebt in Zürich.

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