Lesen bildet, weiss der Volksmund. Was bisher nicht bekannt war: Bücher lesen verlängert auch das Leben. Das zeigt eine neue Studie der renommierten Yale-Universität.

Herbstzeit ist Bücherzeit. Immer im Oktober wird traditionellerweise der Preisträger des Literaturnobelpreises bekannt gegeben. Und nächste Woche, am 11. Oktober, öffnet die Frankfurter Buchmesse ihre Tore. Sie ist der grösste und bedeutendste Handelsplatz der Welt für Bücher, Rechte und Lizenzen.

Herbstzeit ist Lesezeit. Und offensichtlich gibt es kaum etwas Gesünderes: Leute, die Bücher lesen, leben tendenziell länger als Nicht-Leser. Zu diesem Schluss kommt eine breit angelegte Studie der amerikanischen Yale University, einer der renommiertesten Hochschulen der Welt.

BeccaLevy
Wer eine halbe Stunde pro Tag in einem Buch liest, hat einen signifikanten Überlebensvorteil gegenüber Nicht-Lesern.

Harry Potter bringt so viel wie Max Frisch

Es spielt dabei keine Rolle, ob es sich nun um einen Harry-Potter-Roman, um ein Max-Frisch-Tagebuch oder um einen Donna-Leon-Krimi handelt. Was zählt, ist vielmehr die Zeitdauer, die man mit Lesen verbringt. 

Für ihre Studie nutzten die Yale-Forscherinnen und -Forscher Daten über die Lese- und Lebensgewohnheiten von 3635 Personen zwischen 50 und 90 Jahren. Sie untersuchten dann deren Sterblichkeitsraten über die nächsten zwölf Jahre. Die Teilnehmer wurden in drei Gruppen geteilt: Eine Gruppe umfasste jene, die bis dreieinhalb Stunden pro Woche lesen (also im Schnitt eine halbe Stunde pro Tag). Eine zweite Gruppe jene, die noch mehr lesen. Und die dritte Gruppe bestand aus jenen, die nie ein Buch in die Hand nehmen.

Das Resultat: «Wer auch nur eine halbe Stunde pro Tag in einem Buch liest», sagt Professorin Becca R. Levy, welche die Forschungsarbeit leitete, «hat einen signifikanten Überlebensvorteil gegenüber Nicht-Lesern.» 

Leser leben fast zwei Jahre länger

Im Detail: Wer mehr als dreieinhalb Stunden pro Woche in Büchern las, hatte laut Studie in den kommenden zwölf Jahren ein um 23 Prozent geringeres Sterberisiko als Nicht-Leser. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die bis zu dreieinhalb Stunden wöchentlich lasen, verringerten ihre Wahrscheinlichkeit zu sterben immer noch um 17 Prozent.

In Lebenszeit umgerechnet: Im Durchschnitt lebten die regelmässigen Leserinnen und Leser laut der Yale-Studie 23 Monate länger als die Büchermuffel.

Nun könnte man einwenden, dass Bücherleser generell besser gebildet sind, mehr verdienen, darum auch einen gesünderen Lebenswandel haben als Nicht-Leser – und aus diesem Grund länger leben. Aber auch daran haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gedacht. Sie gewichteten ihre Resultate und zogen Faktoren wie Alter, Bildung, Beziehungsstatus, Anstellungsverhältnis oder Gesundheitszustand mit in die Studie ein: Der lebensverlängernde Effekt von Bücherlesen trat unabhängig von all diesen Faktoren ein.

Die Gründe für den Überlebensvorteil

Die Forscherinnen und Forscher vermuten, dass Bücherlesen kognitive Prozesse in Gang bringt, die den Lesenden «Überlebensvorteile» verschaffen. Intensives Lesen führe zu geistiger Beweglichkeit und wecke Empathie, schreiben sie. Es fördere die soziale Wahrnehmung und die emotionale Intelligenz. Und das Lesen von Büchern habe auch eine Stress reduzierende Wirkung. Lauter Faktoren, die ein längeres Leben begünstigen können.

Die Studie untersuchte übrigens auch, ob das Lesen von Zeitungen und Zeitschriften das Leben ebenfalls verlängerte. Das ernüchternde Ergebnis für News-Junkies: «Wir fanden heraus, dass Bücherlesen einen viel grösseren Überlebensvorteil bringt als das Lesen von Periodika», sagt Becca R. Levy. Das liege daran, dass wir uns beim Lesen intensiver auf den Inhalt des Buches einliessen, als dies bei Zeitungen oder Magazinen der Fall sei, was wiederum mehr kognitive Prozesse auslöse.

Wenn Sie also diesen Beitrag lesen, werden Sie deswegen zwar nicht länger leben. Aber immerhin haben Sie erfahren, dass der Schlüssel zu einem längeren, selbstbestimmten Leben näher liegt, als man glaubt: in der nächsten Bibliothek oder im Buchladen um die Ecke nämlich.

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