Berater spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, Menschen dabei zu unterstützen, die für sie richtigen Finanzentscheidungen zu treffen. Charles Relecom, CEO Swiss Life Frankreich, erklärt, was eine gute Beratung ausmacht.
Die Finanzkrise von 2008 hat nicht nur die globale Wirtschaft durchgeschüttelt – mit ihr ging auch ein Vertrauensverlust einher. Die Leute treten Finanzdienstleistern heute kritischer gegenüber.
In den letzten acht Jahren haben die Finanzaufsichtsbehörden alles daran gesetzt, dafür zu sorgen, dass sich die Fehler aus der Vergangenheit nicht wiederholen. Als Konsequenz wurden viele neue Bestimmungen aufgesetzt und Vorschriften für Unternehmen verschärft mit dem Ziel, Transparenz und Verbraucherschutz zu verbessern.
Gleichzeitig mussten Sparer und Anleger ihr Vertrauen in den Finanzsektor nach der Finanzkrise wiederherstellen. Erschwerend dazu kam, dass das Marktumfeld auch nach der Finanzkrise weiterhin unberechenbar und schwierig war. Und nicht zuletzt ist der steuerliche und gesetzliche Rahmen heute so komplex wie nie zuvor. Darum ist Finanzberatung für Privatpersonen, die ihre Finanzen im Griff haben wollen, so wichtig wie nie.
Suche nach zuverlässiger Beratung
Kunden suchen unparteiischen Rat. Wenn nun aber Berater für bestimmte Produkte Provisionen erhalten, kann dies genau diesen Anspruch des Kunden verletzen. Vor diesem Hintergrund wurde in Grossbritannien mit der Retail Distribution Review (RDR) ein Gesetz eingeführt, das Provisionszahlungen zwischen Produktanbietern und Beratern per Ende 2012 abgeschafft hat. Es ist durchaus möglich, dass das restliche Europa es den Briten gleichtun wird. So überarbeitet die EU zurzeit die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II), welche das Verhalten von Finanzdienstleistungsunternehmen regelt und bei den Gebühren grössere Transparenz zum Schutz der Anleger vorsieht.
In der Zwischenzeit müssen sich die Berater auf die Beziehung mit ihren Kunden konzentrieren und dabei den Vertrauensaufbau über den Verkauf von Produkten stellen. Der Aufbau einer Vertrauensbeziehung dauert oft ein Jahr oder länger, zerstört werden kann sie durch eine einzige finanzielle Fehleinschätzung innerhalb von Sekunden. Einen guten Berater macht daher aus, dass er seine Kunden kennt und über dessen familiäre Verhältnisse, seinen Job und seine langfristigen Ziele Bescheid weiss. Nur so kann er Lösungen ausarbeiten, die den Zielen seiner Kunden gerecht werden.
Und nur mit diesem Wissen kann der Berater das Risiko auch richtig einschätzen, das die Kunden einzugehen bereit sind. Aufgrund von Marktschwankungen und fehlenden Vertrauens in die langfristige Zukunft der Märkte haben einige Anleger an Risikotoleranz eingebüsst. Aber angesichts des anhaltenden Tiefzinsumfelds müssen die Anleger gleichzeitig die Zuversicht finden, um sich an renditestarke Anlagen mit höherem Risiko heranzuwagen. Hier kann ein Berater mit Fachwissen von grossem Nutzen sein.
Online-Option immer wichter
Natürlich wird auch das Internet als Quelle für finanzielle Unterstützung immer wichtiger. Heute können Website aufgrund der aktuell gültigen Regeln und Vorschriften noch keine ausgeklügelte und massgeschneiderte Lösungen anzubieten. Um diese Lücke zu schliessen, investieren immer mehr Finanzinstitute in die Roboberatung oder fortschrittliche digitale Beratungsdienste, die die Menschen bei der Planung ihrer Finanzen unterstützen und ihnen verschiedene Szenarien aufzeigen. Mit Hilfe solcher Technologien können die Menschen ihre Ersparnisse überwachen und per Mausklick die Kontrolle über ihre Entscheidungen übernehmen.
Roboberatung oder fortschrittliche digitale Beratungsdienste haben folglich durchaus Zukunftspotenzial. Sie werden aber nie dieselbe Unterstützung bieten können, wie ein Berater, der die vielen Eigenheiten des Lebens kennt.
Auch wenn die digitalen Möglichkeiten zunehmen, zeigt sich, dass die Rolle des Finanzberaters wichtiger ist denn je. Er mag nicht dasselbe Ansehen in der Gesellschaft geniessen wie ein Arzt oder ein Anwalt, aber ein guter Berater, der nur das Beste für seine Kunden will, ist Gold wert.
Charles Relecom
Chief Executive Officer von Swiss Life Frankreich
Charles Relecom verfügt über einen Abschluss in Mathematik der Universität von Namur in Belgien und einen Masterabschluss in Versicherungstechnik der Universität Löwen ebenfalls in Belgien. Er begann 1978 seine berufliche Laufbahn bei Swiss Life, als er zum Chefaktuar und Chief Technology Officer in Belgien ernannt wurde. Bis 2008 war er in verschiedenen Positionen in der Schweiz und in Belgien für Swiss Life tätig. Danach übernahm er seine aktuelle Funktion als CEO in Paris.